Wie jedes Jahr in der Zeit vor Corona sollte auch dieses Jahr wieder eine Jugendsegelwoche stattfinden.
In der Guten Alten Zeit war dieses Ereignis schon lange vorher geplant und es nahmen zwischen 20 und 40(!) Kinder und Jugendliche mit jeweils mindestens einer Aufsichtsperson an dem einwöchigen Kurs teil. Trotz der Belastung für die Trainer fieberten auch wir immer darauf hin, denn was die Küche uns in dieser Woche bot, wurde jedem Hotel gerecht. Frühstück mit Wurst, Käse, Marmelade, Fruchtsalat, Müslis, Joghurt, Kaffee, Tee, Kakao, frisches Gemüse, Brot, Brötchen…… .
Mittags gut und liebevoll belegte Brötchen (auch Weggla genannt) und dann kam das Abendessen!
Braten mit wirklich selber gemachter Sauce, Grill mit Salaten, daß man gar nicht wusste was zuerst, Hamburgermeile…..
Und jetzt?
In dem Vereinsheim durften nur die Toiletten und Duschen genutzt werden. Diese mussten wir auch noch täglich putzen.
Keine Küche, keine Übernachtungsmöglichkeiten, keine Möglichkeit nasse Sachen zu trocknen, kein warmer Saal bei schlechtem Wetter!
Jugendsegelwoche entfällt?
Das hätte wohl zu unvorhersehbaren Reaktionen unserer Jugend geführt!
So mussten sich also alle Eltern um Ihren Nachwuchs kümmern, gekocht wurde bei 8°C mit Campinggaskochern o. ä. auf der windigen Terrasse, gegessen in der Bootshalle oder wo sich sonst ein Plätzchen fand. Trockene Klamotten, netter Abend im Vereinsheim, Geschirrspülmaschine, alles Fehlanzeige.
ALLE waren da und hatten den Wind der Jahrhundertsegelwoche! Früher schickten wir permanent Stoßgebete gen Himmel, doch mal mehr als 2 Windstärken zu haben, diesmal hofften wir auf einen Tag unter 4! Eine Woche mit Wind bis zu 7 in Böen, Lufttemperatur zwischen 7 und 10°C und die Wassertemperatur konnte man nur als arktisch bezeichnen. Trotzdem hatten wir jeden Tag mindestens 4 Stunden Training auf dem Wasser und jede Menge Theorie in der Bootshalle.
Alle waren mit Trockenanzügen ausgestattet, hatten darunter fast ihren kompletten Kleiderschrank angezogen und bei manchen musste ich täglich die Armmanschetten abkleben, da diese selbst ungekürzt noch so groß waren, daß sie nicht dicht waren.
So verpackt waren wir jeden Tag auf dem Wasser, versuchten auch bei diesen Winden noch das Optimum aus den Booten heraus zu holen, was mich mit meinem 15 PS Boot oft zu dem langsamsten Wasserfahrzeug auf dem Brombachsee machte. Ja richtig, wir hatten den See fast die ganze Zeit für sind, den Kurs nach Belieben ändern konnten, wurde auch bei viel Wind der Spi gezogen.
Doch dann kam der Dienstag!
Laut Wetterbericht Böen bis 7, Regen, drehende Winde!
Ich versuchte die Gruppe zu einem Tag Pause zu überreden, nicht, weil sie unter gegangen wären, sondern weil ich Angst um die Boote hatte, für die die Ersatzteilbeschaffung immer schwieriger wird.
Da hätte ich genauso versuchen können, die Zugspitze zu überreden, mal ein Stück auf die Seite zu gehen, weil ich da durch möchte!
So wurden noch Montagnacht unsere Durchkenterschutzkanister in den Masten montiert und jedes Boot bekam eine Schleppleine um den Mast.
Am Mittwoch ging es auf den See! 3 Laser 2 und ein Laser 1. 3 von 4 Booten schafften es auch auf Anhieb, aus unserer Bucht gegen den Wind heraus zu kreuzen, eines lag schon nach 100 Metern auf der Seite. „Alles klar bei Euch?“. – „ Ja, wir stellen nur schnell auf und kommen dann, fahrt schon mal raus!“.
Ich glaube so massiv wie an diesem Tag haben wir noch nie Segel gewaschen, wobei sich die Schleppleinen, welche ca einen Meter über den Bug reichten, als wahrer Segen entpuppten. Ihr wisst sicher, daß es bei diesen Winden wirklich schwierig ist, das Boot in den Wind zu drehen. So konnte ich mit dem Motorboot hinfahren, meine Schleppleine mit dem Karabiner in den Palstek der Leine einhängen, das Boot langsam gegen den Wind ziehen und sie hatten genug Zeit, aufzustellen und die Boote zu klarieren.
So verging auch dieser Tag auf dem See ohne größere Zwischenfälle und es wurde Zeit, wieder an Land zu gehen. Bei auflandigem Wind mit diesen Böen! Ich konnte auch auf dem See keine Anweisungen mehr geben. Der Motor NUR Vollgas, der Wind, das hatte meinen Stimmbändern die Grenzen aufgezeigt und ich war aphon. Zudem war ich immer der Letzte in der Reihe. So blieb mir nur das Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Jugend, die Boote unter diesen Bedingungen bei auflandigem Wind schadenfrei an das Ufer zu bekommen.
Als erstes war der Laser 1 in Ufernähe und ich sah zu meinem Entsetzen, daß sich am Strand ein paar Katamarane fertig machten. Der Laser 1, mit offenem Segel, gezogenem Schwert und entsicherten Ruderniederholer, in Richtung Strand unterwegs, machte eine sehr gute Figur, bis ca 50 Meter vor dem Strand eine Böe den Laser ins Gleiten brachte und ihn im Gleiten auf den Strand hinaus schob. Genau zwischen zwei Kats! Doch durch diesen starken Wind, keine Möglichkeit auffieren zu können und den bremsenden Sand unter dem Boot, überschlug sich der Laser in Fahrtrichtung, blieb dann kurz auf dem Bug und dem Masttop liegen, um dann in einen der Kats zu kippen. Kurz vor dem Aufprall auf dem Kat bekam die Seglerin des Lasers noch das Heck zu fassen und stand nun unter dem Laser und hielt diesen hoch. Außer ein paar Kratzern am Unterwasserschiff des Lasers keine Schäden, doch im ersten Moment hatte ich schon Angst, daß der Seglerin etwas passiert war. Es sah sehr spektakulär aus!
Nachdem die nächsten 2 Laser 2 nur eine sehr kurze Vorwarnzeit hatten, versuchten diese natürlich, das Manöver eleganter zu absolvieren. Sagen wir mal so: elegant war da gar nichts, aber nicht einmal Kratzer, geschweige denn Schäden. Der letzte Laser 2 kam Minuten später, ohne Böe, fuhr mit gezogenem Schwert einen Aufschiesser und ließ sich ins seichte Wasser treiben. Aber der hatte ja auch „nur“ knappe 5 Bft!
Am vorletzten Tag hatten wir dann wunderschönen Segel Wind, den wir auch sofort zu Vergleichs- und Trimmfahrten nutzten und am letzten Tag hatten wir noch eine Leichtwindtraining.
Die Laser 2 Gruppe hat sich auch die Woche über große Mühe gegeben, unsere 2 Neuen auf den Laser 1 zu integrieren, doch nachdem sie letztes Jahr noch Opti gesegelt sind, war der Wind auf dem Laser 1 für die Beiden zu stark. Umso mehr haben wir uns gefreut, daß die beiden Neuen die letzten 3 Tage fleißig dabei waren und auch schon den aus der Gruppe bekannten Kampfgeist zeigten.
Pünktlich zum Aufräumen hatten wir Sonnenschein und angenehme Temperaturen, wodurch uns diese leidigen Aufgaben natürlich viel besser von der Hand gingen.
Herzlichen Dank an alle Jugendlichen, die durch Ihre Umsicht und Ihr Können Schäden an Gesundheit und den Booten vermieden haben.
Auch Dank an die Eltern, ohne die es keine Jugendsegelwoche gegeben hätte. Sie haben unter diesen Bedingungen wirklich gelitten und trotzdem Ihre Zöglinge immer bei Laune gehalten.
Es hat mir einmal wieder große Freude gemacht, euch das Segeln näher zu bringen.
Nächstes Jahr hoffentlich mit den Rahmenbedingungen von früher mit dem Wind von diesem Jahr,
Euer Wolfram.